Die Reise einer Faxenmütze - In Gedenken unseres letzten Verbindungsdieners

Seine Uniform hängt prominent in der Utonenkneip. Die Aktiven und die jüngeren Alten Herren der Utonia kannten ihn jedoch nur noch aufgrund des Schnappschusses, welcher ihn mit Mütze, Glas und Zigarre zeigte und ebenfalls lange Zeit in unserer Kneipe hing. Die Rede ist vom letzten Fax der Utonia. Mit zunehmendem Alter (sic!) vermochte die Uniformjacke die Leibesfülle des Faxen dem Vernehmen nach nicht mehr zu bändigen. Daher trug Emil Keller, der letzte Fax der Utonia, von seiner Uniform zuletzt nur noch die Faxenmütze. Diese hielt er jedoch auch nach seinem letzten Arbeitstag in Diensten der Utonia in Ehren. Der Rest der Uniform hingegen zierte seither die Räumlichkeiten der Aktivitas. Nach seinem Hinscheiden ging die Mütze jedoch vergessen und ihre Spur verlor sich. So hängt die Uniform bis heute unvollständig in der Kneip. Die leere Stelle am Nagel über der Uniformjacke musste seit meiner Aktivenzeit ein Rhenanen-Couleur füllen. Weshalb gerade ein Rhenanen-Couleur, das mag hier offenbleiben. Es soll gar Aktive gegeben haben, denen es trotz häufiger Frequentierung der Kneip-Räumlichkeiten nicht auffiel, dass es sich dabei nicht um die richtige Faxenmütze handelte. Im letzten Dezember traf sich ein kleines aber feines Grüppchen alter Couleurstudenten am Bahnhof in Zürich mit dem hehren Ziel, sich von Glühweinstand zu Glühweinstand vom Hauptbahnhof bis zum Bellevue durchzutrinken. Der mir bis dato unbekannte alte Corpsstudent Dr. Andreas Krüger (Corps Guestphalia et Suevoborussia Marburg im KSCV), welcher ebenfalls mit von der Partie war, sprach mich nach einiger Zeit (es muss in etwa am vierten Glühweinstand gewesen sein) auf unsere Farben an und erkundigte sich, ob wir blaue Mützen trügen. Als ich dies bejahte, erzählte er mir, wie er im Sommer zuvor mit seinem Sohn über den Flohmarkt geschlendert sei, als sein Blick auf eine blaue Mütze mit einer etwas sonderbaren Form fiel. Nach dem er besagtes Objekt etwas genauer inspizierte, fand er auf der Innenseite ein Wachssiegelabdruck, welchen er unschwer als Zirkel identifizieren konnte. Da kein Couleurmaterial in solch unwirtlicher Umgebung ein Dasein fristen sollte, erstand er die Mütze, ohne genau zu wissen, was er da in Händen hielt. Es mag den schlechten Lichtverhältnissen vor Ort, den Sprachbarrieren oder allenfalls sogar dem Glühwein geschuldet gewesen sein, dass auch mir erst nach längerer Diskussion und fotografischer Aufklärung klar wurde, dass es sich bei der fraglichen Mütze um die verschollene Faxenmütze der Utonia handeln musste. Bei einigen weiteren Glühweinen wurde daraufhin beschlossen, dass die Mütze repatriiert werden muss. Da sich der Verkauf solcher Gegenstände unter Couleurikern natürlich verbietet, haben unsere nördlichen Nachbarn ein raffiniertes System ersonnen, welches die Rückgabe von gefundenen (teilweise auch spielerisch entwendeten) Couleurgegenständen erlaubt. Das Auspauken mittels Bier.* Es ist wohl müssig zu erwähnen, dass die Anzahl zu trinkenden Biere mit der Bedeutung des Couleurgegenstandes korreliert - so gesehen sind wir froh, dass es eine Mütze und keine Fahne war, welche verloren gegangen war. Auf letztere lassen sich nämlich wunderbar ganze Bier-Harrasse stapeln. Das kleine Problem, dass sich stellte, nämlich dass eine Reise nach Marburg sicher schön, aber doch etwas umständlich gewesen wäre, konnte elegant gelöst werden. Denn vor nicht allzu langer Zeit haben sich einige junggebliebene alte Corpsstudenten, welche in Zürich beruflich tätig sind, darunter auch Dr. Andreas Krüger, zum "Zürcher Kränzchen" zusammengeschlossen und weilen jeweils am zweiten Donnerstag im Restaurant Chropf in Zürich. Es wurde daher vereinbart, dass die Aktiven am 11. Mai ihrer schönen Pflicht nachkommen würden. Vom monatlichen Anlass der SAT Zürich, welcher zeitgleich stattfand, wurden die Aktiven und meine Wenigkeit für ein verlängertes tempus utile verabschiedet und gleichzeitig verpflichtet, nicht eher wiederzukommen, als sich die Faxenmütze wieder in unseren Händen befindet. Frohen Mutes begab sich unsere muntere Schar in den Chropf. Die Stimmung war (bereits) fröhlich, um nicht zu sagen ausgelassen. Der Chropf macht seinem Ruf als couleurfähiges Lokal alle Ehre. Den jungen alten Corpsstudenten ging, ob der ihr zuteilwerdenden Burschenherrlichkeit, augenscheinlich das Herz auf. Der Vorsitzende des Zürcher Kränzchens Martin Weisshaupt R! (SWR) et Corps Saxonia Konstanz (KSCV) begrüsste die Utonen und erläuterte nochmals die Spielregeln. Man reichte uns die zu kredenzenden Gemässe, wozu zwei Trinkhörner und mehrere Masskrüge zählten. Der Rest ist schnell erzählt. Die Aktiven leerten tapfer Gemäss um Gemäss unter fachkundiger Anleitung und teilweise sogar gütiger Mithilfe der Gastgeber. Schliesslich war auch das letzte Glas geleert und man konnte feierlich zur langersehnten Rückgabe der Faxenmütze schreiten. Und so kehrte die Faxenmütze nach Jahren der Irrfahrt durch die Weltgeschichte an ihren rechtmässigen Platz zurück. Sie hängt nun wieder auf unserer Kneip als stummer Zeuge längst vergangener Tage und mag dem einen oder anderen Alten Herren, der sich zu den Aktiven auf die Kneip verirrt, die eine längst vergessen geglaubte Erinnerung entlocken. Ich freue mich, dass durch dieses zufällige Aufeinandertreffen von Couleurikern nicht nur ein Stück Utonengeschichte gesichert werden konnte, sondern dass es vielmehr auch gelang, den Aktiven eine der viel zu raren Begegnungen mit anderen Verbindungsstudenten zu ermöglichen. (von Alessandro Luginbühl Ut! AH)

Akademische Turnerschaft Utonia

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